Die jungen Aktionäre kommen
Im Jahr 2020 konnten wir in Deutschland einen deutlichen Zuwachs an Aktionären verzeichnen – laut Angaben des Deutschen Aktien Instituts (DAI) stieg die Zahl der Anleger im ersten Pandemiejahr hierzulande um rund 2,7 Millionen Menschen.
Die neue Börsenbegeisterung der Deutschen wurde anfangs noch als Corona-Effekt gewertet. Die Menschen hatten schlicht mehr Zeit zur Verfügung und natürlich trugen auch die günstigen Einstiegskurse im Frühjahr 2020 ihren Teil zu diesem Hype bei. Und tatsächlich sank die Aktionärszahl im letzten Jahr im Vergleich zu 2020 auch wieder ganz leicht. Dennoch war auch das Jahr 2021 laut DAI ein gutes Jahr für die Aktienkultur in Deutschland.
Dieses positive Fazit des DAI hängt sicherlich auch mit einem ganz bemerkenswerten Trend bei den unter 30-Jährigen zusammen: Denn die Zahl der Jungbörsianer stieg entgegen dem Trend in der Gesamtbevölkerung auch im vergangenen Jahr weiter an. Laut Angaben des DAI gab es in Deutschland im Jahr 2021 in der Altersgruppe zwischen 20 und 29 knapp 1,3 Millionen Menschen, die direkt mit Aktien oder indirekt mit Fonds oder ETFs an der Börse aktiv waren. Eine beachtliche Zahl – vor allem, wenn man bedenkt, dass die Gesamtzahl der deutschen Aktionäre sich nur auf rund 12 Millionen Menschen beläuft.
Doch woran liegt es, dass gerade junge Menschen ihre Begeisterung für die Börse entdecken? Eine zentrale Rolle spielen dabei sicherlich die sogenannten Neobroker. Sie haben es sich auf die Fahne geschrieben, den Zugang zum Wertpapierhandel so unkompliziert wie möglich zu gestalten. Ganz offenbar mit Erfolg, wie die Zahlen des DAI belegen.
Den richtigen Onlinebroker finden
Wer an der Börse handeln möchte, braucht folgende drei Dinge:
Erstens: Geld, um in Aktien zu investieren
Zweitens: Ein Depot, also einen elektronischen Ort bei Ihrer Bank oder Ihrem Onlinebroker, in welchem die erworbenen Wertpapiere sicher verwahrt werden
Drittens: Einen Broker Ihres Vertrauens, der für Sie die Aktiengeschäfte an der Börse platziert
Wenn Sie nun hier einen Tipp von mir erwartet haben, muss ich Sie leider enttäuschen: Eine direkte Empfehlung für einen Broker darf ich Ihnen aus rechtlichen Gründen leider nicht geben. Aber in den FAQ auf meiner Homepage finden Sie einige Hinweise, was Sie bei der Wahl eines Onlinebrokers beachten sollten.
Im Zuge der Aktienbegeisterung bei den unter 30-Jährigen hört und liest man nun von einer neuen Generation von Onlinebrokern, den sogenannten Neobrokern. Wobei – ganz so neu ist das Geschäftsmodell der Neobroker gar nicht. Die Online-Tradingplattform Robinhood beispielsweise, die im vergangenen Jahr viel Aufmerksamkeit im Zuge des Kursanstiegs der GameStop-Aktie bekam, wurde bereits 2013 gegründet. Und auch das deutsche Unternehmen Trade Republic, das oft als Paradebeispiel für den Erfolg der Neobroker herhalten muss, ist immerhin auch schon sieben Jahre alt. Damals wurde es unter dem Namen Neon Trading im Startup-Inkubator der Comdirect Bank gegründet.
Aber was machen die Neobroker nun eigentlich anders als andere Onlinebroker?
Neobroker verändern die Welt des Anlegens
Die Idee, die die Macher von Trade Republic seinerzeit hatten, erklärt ziemlich anschaulich, worum es bei den Neobrokern vor allem geht: „Investieren muss so einfach sein wie eine Bestellung bei Zalando“, wird Christian Hecker, einer der Gründer, zitiert. Dementsprechend werden die Trades bei den Neobrokern übers Smartphone beziehungsweise über eine App abgewickelt. Und die sind dann per Klicken oder Wischen ähnlich leicht zu bedienen wie bei den bekannten Shopping-, Dating- oder Messenger-Apps.
Und das mit gutem Grund: Denn bei der Kernzielgruppe der Neobroker-Apps handelt es sich schließlich um Digital Natives, also Menschen, die in die digitale Welt hineingeboren wurden und den Umgang mit ihr wie selbstverständlich beherrschen. Also sind Computer oder Laptops für die „Generation Neobroker“ auch nicht die „Devices“ der Wahl. Information und Kommunikation findet bei dieser Zielgruppe komplett auf dem Smartphone statt. Und so müssen die Aktiengeschäfte der Jungbörsianer also logischerweise auch bequem und schnell „mobile first“ zu erledigen sein.
Und noch eine weitere Hürde versuchen die Neobroker den Anlegern zu nehmen: Indem sie mit niedrigen Kosten locken, zum Beispiel mit Null Euro Gebühren pro Trade, ermuntern sie die Zielgruppe geradezu zur Aktivität.
Das klingt doch alles in allem erst einmal sehr erfreulich, oder? Man könnte hier sogar erneut den Vergleich zu Zalando heranziehen, denn „Schrei vor Glück“, der alte Zalando-Werbeslogan, scheint ja auch die Devise der neuen Broker zu sein.
Schrei vor Glück – oder alles nur Trick?
Klar, es gibt wie überall auch unter den Neobrokern schwarze Schafe. Dennoch würde ich Neobroker nicht grundsätzlich verteufeln. Denn die Tatsache, dass die neue Generation der Broker dazu beigetragen hat, dass Aktiengeschäfte sich in Deutschland zunehmender Beliebtheit erfreuen, halte ich für begrüßenswert. Und letztendlich muss jeder für sich selbst entscheiden, mit welchem Broker er am besten klarkommt. Wer nicht derart mit seinem Smartphone verwachsen ist, wie das bei den jüngeren Generationen der Fall ist, sollte sich vielleicht noch mal überlegen, ob es nicht ein „oldschool“ Onlinebroker auch tut.
Wenn Sie mehr über die „Gefahren“ wissen möchten: Auf den Webseiten der Verbraucherzentralen kann man sich eingehend über Kosten und Risiken dieser modernen Form des Wertpapierhandels informieren. Ein Aspekt, der auf jeden Fall Beachtung finden sollte, ist das Thema Gebühren. Denn auch die Neobroker müssen von irgendwas leben. Zum Nulltarif lässt es sich also auch hier auf keinen Fall traden. Und wer durch die ständige Verfügbarkeit der App auf dem Smartphone dazu verleitet wird, außerhalb der regulären Börsenzeiten zu handeln, der kann mitunter hohe Transaktionskosten dafür zahlen.
Wenn Sie meinen kostenlosen Newsletter, die „Proffe News“, schon beziehen oder sogar Leser meiner Börsendienste sind, dann wissen Sie: Diese permanente Präsenz des eigenen Depots „in der Hosentasche“, verbunden mit der ständigen Verlockung, kurzfristig einen Trade vorzunehmen, entspricht nicht unbedingt meiner Strategie. Aber wenn es dazu beiträgt, dass junge Menschen sich mit dem Thema Aktien beschäftigen, soll es mir recht sein. Und wer mit den Neobrokern seine ersten (vielleicht sogar schmerzhaften?) Erfahrungen auf dem Börsenparkett gesammelt hat, der kann ja dann immer noch auf eine langfristige Strategie umschwenken, wie ich sie in meinen Börsendiensten verfolge.